Coach und Wegbereiterin
für ganzheitliche Gesundheit
Selbstfürsorge: Verantwortung für sich selbst übernehmen
VON KATRIN BOCHYNEK – 24.01.2021

Ich selbst komme aus dem Gesundheitssystem und bin mehr als genug über meine Grenzen gegangen. Viel zu oft wollte ich den anderen gefallen und zum Team dazugehören. Natürlich ist das früher überlebenstechnisch auch sinnvoll gewesen, denn nur wenn wir Teil einer Gruppe waren, konnten wir uns in Sicherheit wiegen und überleben. Aber heute?
Heute können wir das auch alleine und brauchen rein theoretisch niemand anderen mehr. Vielleicht ist es etwas schwieriger in bestimmten Momenten wenn man alleine ist, aber es droht uns keinerlei Gefahr mehr. Dennoch ist dieses Verhalten so tief in uns verwurzelt, dass wir es immer noch tagtäglich tun, ohne uns dessen bewusst zu sein.
Es beginnt bereits, wenn wir klein sind
Das fängt schon an, wenn wir ganz klein sind. Obwohl wir keinen Hunger haben, müssen wir den Kuchen bei Oma aufessen. Aus Anstand oder weil dann die Sonne morgen scheint. Wir sollen mit Kindern spielen, auf die wir eigentlich keine Lust haben, weil man nicht unfreundlich wirken möchte. Wir dürfen keinen Kuchen essen, obwohl wir mal Lust darauf hätten, weil Mama und Papa nicht wollen, dass wir ungesund essen. Wir sollen Hausaufgaben machen und für Fächer lernen, die uns in keinster Hinsicht interessieren. Und Sprüche wie: „Das macht man halt so“, „Das gehört sich so“ und „das haben wir schon immer so gemacht“ begleiten uns.
»Wir verlieren unser feines Gespür für Emotionen und das Zwischenmenschliche.«
Doch all das unterdrückt unsere natürliche Verbindung zu uns selbst. Was wollen wir wirklich tun, was wollen wir essen und mit welchen Menschen wollen wir uns umgeben? Oft leben uns unsere Eltern etwas vor, was wir übernehmen. Das fängt schon bei den Gefühlen an. Wenn Mama weint und traurig ist, wir sie fragen was ist und nur ein „es ist nichts“ als Antwort kommt.
Dieses inkongruente Verhalten verwirrt uns und lässt uns an unsere Wahrnehmung zweifeln. Wir verlieren unser feines Gespür für Emotionen und das Zwischenmenschliche. Wir selbst lernen später selbst, uns eine Maske aufzusetzen, uns anzupassen, um dazuzugehören.
Emotionen richtig einordnen
Gefühle zu zeigen und auch dazu stehen, hat nichts mit Schwäche zu tun. Es zeigt nur, dass wir uns gut kennen und wahrnehmen können. Es ist wichtig, Emotionen richtig einordnen zu können.
Was sind meine Gefühle, was die des anderen und warum reagiere ich jetzt so? Viele Menschen wissen das gar nicht mehr. Viele geben sich ihnen hin. Wir steigern uns in Trauer hinein, sodass es uns immer schlechter geht. Oder wir schieben die Verantwortung für unsere Gefühle auf andere. Doch das entfernt uns immer weiter von uns selbst. Erst wenn wir Selbstfürsorge lernen, können wir ein freies und glückliches Leben führen.
Jahrelange falsche Annahmen
Ich selbst habe lange gedacht, dass ich, wenn ich immer auf Arbeit einspringe und Extradienste schiebe, eine gute Mitarbeiterin bin. Doch erst heute ist mir klar geworden, dass es genau das Gegenteil von dem ist, was meine Beabsichtigung war. Ich wollte helfen, Verantwortung für die Arbeit übernehmen, Kollegen unterstützen und eine gute und fleißige Mitarbeiterin sein.
»Ich habe meine Bedürfnisse und meine körperlichen Signale über Monate und Jahre vollkommen ignoriert.«
Erst als ich immer müder wurde, erst als ich vergesslicher wurde, erst als ich immer dünnhäutiger wurde, erst als ich keine Freude mehr empfand und zu hause zusammenbrach – erst da verstand ich, dass ich immer jedem helfen wollte aber mich selbst dabei vergessen habe. Ich habe meine Bedürfnisse und meine körperlichen Signale über Monate und Jahre vollkommen ignoriert.
Bedürfnisse stärker wahrnehmen und ihnen Raum geben
An diesem Tag war ich das letzten Mal an der Arbeit. Das war Anfang November 2016. Lange hatte ich meinen Vorgesetzten und Kollegen die Schuld gegeben. Hatte sie verurteilt, wie sie bloß so handeln und andere ausbeuten können. Doch im letzten lag die Verantwortung immer bei mir. Ich hätte jederzeit „Nein“ sagen können. Doch meine Angst vor Zurückweisung und „Liebesentzug“ war größer. Doch Preis der Dazugehörigkeit war größer als ich dachte.
Die Monate danach habe ich die Zeit voll und ganz mir selbst gewidmet. Ich habe seit langem wieder Lebensfreude für Dinge empfunden, die ich viel zu lange hinten angestellt hatte. Ich habe wieder mehr gelesen, gemalt und mir Zeit für mich gegönnt. Ich habe gelernt, meine Bedürfnisse stärker wahrzunehmen und ihnen Raum zu geben. Ich habe gelernt, dass ich wichtig bin. Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben. Nur wenn ich Verantwortung für mich selbst übernehmen kann, kann ich es auch für andere.
Wir wollen für andere da sein und ignorieren uns selbst
Immer wenn ich heute zurückschaue, bin ich erschrocken, wie unachtsam wir mir uns selbst umgehen. Besonders im Gesundheitssystem wollen wir für andere da sein und helfen, doch ignorieren uns dabei völlig selbst. Es ist beinahe wie ein aufopfern. Fürsorge geben und im Gegenzug dafür Leute und Anerkennung bekommen. Doch meist bekommt man die auch nicht. Ständige Unzufriedenheit und Kritik ist gang und gebe und Dankbarkeit ist ein Wort von Seltenheit.
Doch die Hoffnung ist irgendwo noch da. Ganz klein ist der Funke, und wir hoffen ihn irgendwann entfachen zu können. Ich habe Ärzte gesehen, die mit Fieber und Erbrechen zum Dienst in die Notaufnahme kamen. Arbeitskollegen, die sich kreidebleich und mit einem Magen-Darm Infekt zum Dienst schleppten, um die Kollegen nicht im Stich zu lassen. Vorgesetzte, die Doppelschichten schoben und schon das 6. Wochenende hintereinander da waren, weil es niemanden gab, der einspringen konnte. Ich sah Freunde, die immer öfter krank wurden und schon mit Mitte 20 einen Burnout hatten.
Und alle, die ich kennenlernte, taten es aus einem tiefen innerem Verantwortungsbewusstsein. Jedoch nicht selbst, sondern der Arbeit gegenüber. Doch am Ende deines Lebens wirst du es sein, der in diesem Körper leben muss. Du wirst es sein, der glücklich sein muss. Und genau hier beginnen wir. Am Ende unseres Lebens.
Beim Blick zurück: was hättest du gern getan?
Stell dir Vor es wäre dein letzter Tag auf Erden. Wie zufrieden wärst du, wenn du heute gehen müsstest? Könntest du guten Gewissens gehen oder hast du eine Liste voller Dinge, die du gern getan hättest?
Wenn ja, dann gebe ich dir einen Ratschlag. Warte nicht auf die vermeintliche Rente, das vermeintliche Wunder. Wenn du immer nur wartest auf den Tag, der da kommen möge, damit du endlich das machen kannst, von dem du träumst, wirst du es nie tun. Wir sind Meister darin, Dinge auf die Zukunft zu verlegen, in Träumen zu schwelgen. Wir wollen die Bequemlichkeit des Angestelltenmodus genießen aber träumen von einem Leben voller Erfolg, Erfüllung und Reichtum.
Aber dieses Leben wird es nicht geben, wenn du dich nicht hier und jetzt aus vollem Herzen dafür entscheidest. Du musst dich entscheiden, das Leben zu leben, was du dir wünscht. Das kann Dir niemand abnehmen.
Und ja, es bedeutet auch sich unbequemen Situationen zu stellen. Es bedeutet, über seinen Schatten zu springen, die Komfortzone zu verlassen und mutig zu sein. Es heißt, seinen Ängsten zu begegnen, viele Male zu scheitern und sich vielen Herausforderungen zu stellen.
Sich dem stellen, was einem Angst macht
Aber das macht das Leben doch aus. Das Leben ist bunt und schön und wunderbar. Alles ist Veränderung, und wenn wir mit ihr gehen, können wir nur wachsen. Also trau dich, Neues zu probieren und dich dem zu stellen, was dir Angst macht. Alleine, dass Du begonnen hast diesen Text zu lesen und noch immer dabei bist, zeigt, dass dein Herz auf der Suche nach etwas ist. Lass die Suche beginnen, damit du am Ende dir selbst begegnen kannst.
Sei mutig und stark!
Deine Katrin
Hör dir dazu gern meinen allerersten Podcast an!
Mein Weg zu mir. Ausstieg aus dem Beruf der Krankenschwester.
Das könnte dich auch interessieren
Entdeckungen

Dein Podcast für Mut, Authentizität und Selbstfindung
Hier geht’s um Themen wie Achtsamkeit, Mut, Herausforderungen meistern, Überwindung von Ängsten, daneben auch um Kreativität, Körperwahrnehmung, Gefühle und vieles mehr.
Abonniere den Podcast auf:

Du hast eine Themen-Idee für einen Podcast? Lass es mich gerne wissen – neben eigenen Themen greife ich gern deine Idee auf!